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30 Jahre voller Herausforderungen

In diesem Jahr feiern wir 30 Jahre DDR-Grenzöffnung. Ohne dieses Ereignis würde es das KOM-IN-Netzwerk wahrscheinlich nicht geben.

Überschrift der Ostthüringer Zeitung aus den 90iger Jahren "Geschriebenes wird für Blinde hörbar gemacht"

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In diesem Jahr feiern wir 30 Jahre DDR-Grenzöffnung. Ohne dieses Ereignis würde es das KOM-IN-Netzwerk wahrscheinlich nicht geben. Der Verein wurde zwar erst 1993 gegründet, aber die Anfänge liegen im Jahr 1990. Beim "Ministerium für Medienpolitik" der damaligen DDR-Übergangsregierung zeigte ich die Herausgabe der Blindenhörzeitschrift "Das ABC-Journal" an. Damit sollten auf Wunsch vieler Hörer inhaltliche Schwerpunkte aus Hörzeitschriften der geschlossenen Hörbücherei des Christlichen Blindendienstes in der ehemaligen DDR fortgeführt, aber auch die Herausforderungen der neuen Zeit thematisiert werden.

Doch bevor das Ministerium den Antrag richtig bearbeiten konnte, gab es die DDR schon nicht mehr. Pastor Peter Bendin, der Leiter des Christlichen Blindendienstes der ehemaligen DDR setzte sich dafür ein, dass die Hörzeitschrift in Zusammenarbeit mit der Hörbücherei des Evangelischen Blindendienstes der BRD erscheinen konnte. Ende 1990 übersandte ich dazu hunderte Adressen von blinden Interessenten aus der ehemaligen DDR in die Hörbücherei nach Marburg. Nur ist diese Liste nie angekommen. Lediglich einige Blinde hatten sich selbst direkt dort angemeldet. Die Kopie der Liste, die ich damals auf einer alten Schreibmaschine schrieb, war nicht die Beste. Aber es half nichts, ich musste sie erneut abtippen. Beim zweiten Versuch erreichte die Liste dann endlich auch die Evangelische Blindenhörbücherei in Marburg.

Dorthin gingen dann auch die Masterbänder der neuen Blindenhörzeitschrift, die monatlich erschien. Davon wurden vom Ehepaar Paech auf Telex-Maschinen die Kopien auf Tonbandkassetten hergestellt und versandt. Unter den Empfängern fanden sich bald auch Hörer aus den "alten" Bundesländern. Jana Uhlemann begann damals neu als Sprecherin und ist bis heute dabei. Roland Kurzweg hatte schon Bücher für die Hörbücherei in der ehemaligen DDR gesprochen. Ab der ersten Ausgabe sprach er dann auch für das "ABC-Journal". Ich kann mich nicht erinnern, dass diese beiden SprecherInnen in den 30 Jahren einmal eine Ausgabe nicht gelesen hätten, vielen Dank!

Ab dem Jahr 1991 erreichten uns immer wieder Anfragen von blinden Menschen, die um Aufsprachen baten, weil sie für verschiedene Zeitschriften niemanden mehr hatten, der ihnen vorlas. So sind zum "ABC-Journal" weitere Blindenhörzeitschriften dazu gekommen, die "Israel-Nachrichten" und "Brennpunkt Seelsorge". Später überführten wir "Publik Forum" und das "amnesty journal" in unsere Arbeit. In der Chronik, die auf unserer Webseite nachzulesen ist, findet sich für fast jedes Jahr eine Besonderheit unserer Dienste und Angebote.

Nun sind schon fast 30 Jahre voller Herausforderungen und Überraschungen vergangen. Am Beginn stand die Frage nach Gott und dem Weg. Wie sollte es weitergehen, nachdem in der ehemaligen DDR alles in sich zusammen zu fallen schien? Auf dem Weg haben uns viele Menschen begleitet. Viele Hörer haben uns immer wieder ermutigt und durch ihre Rückmeldungen geholfen. Viele Menschen haben unsere Arbeit durch Spenden ermöglicht. Und viele Mitarbeiter haben durch ihr beständiges Engagement zum Gelingen beigetragen. Dazu gehören von Anfang an Kerstin Lander in der Aboverwaltung und als Sprecherin, Kassenwart Mario Krenitz, die Sprecherinnen Margitta Reitzig und Waltraud Rücker, der Seelsorger Mario Buchmann und Mario Weise im Bereich Technik und Software. Später sind die Sprecher Markus Wetterauer, Stefan Kreißig und Bärbel & Volkmar Hentsch dazu gekommen und kürzlich Anna Schönberg und Norbert Obst. Seit einigen Jahren bearbeitet Henry Stern Audiomaterial. Darüber hinaus unterstützten uns zahlreiche weitere Engagierte projektbezogen oder für einen begrenzten Zeitraum. Leider sind die Sprecherin Maria Winkler, der Sprecher Paul Neumann und Martin Lichtenheld, der Texte bearbeitete, inzwischen verstorben.

Bereits 1996 ging unsere erste Webseite ans Netz. Im Jahre 2000 veröffentlichten wir unser erstes digitales Blindenhörbuch. Aber es scheint, als würde die Digitalisierung erst in den letzten Jahren Fahrt aufzunehmen bzw. von den Menschen stärker wahrgenommen zu werden. Blinde Menschen sind durch die Digitalisierung besonderes herausgefordert. Anders als man annehmen sollte, sind viele digitale Angebote für Blinde nicht barrierefrei. Für Blinde geeignete Smartphones und Tabletts reduzieren sich auf wenige Modelle, das betrifft auch die sogenannten Apps.

Es ist unser Anliegen, die Angebote des KOM-IN-Netzwerkes auf die veränderten Bedingungen anzupassen. Die Hörzeitschriften sollen digital noch besser zugänglich werden. Die Rubrik Streiflicht mit Informationen aus den Blindendiensten ist seit diesem Jahr z.B. zusätzlich als Podcast verfügbar. Die Einrichtung unseres Studios wird überarbeitet. Dabei sind alte Geräte und viele Meter Kabel ausgebaut worden, die durch die digitale Audioverarbeitung nicht mehr gebraucht werden. Verschlissene Aufnahmegeräte müssen wir ersetzen, einen CD-Kopierer anschaffen.

Es gibt also auch nach fast 30 Jahren immer wieder Neues zu bewältigen. Unsere Fragen nach dem Weg wollen wir ausrichten an Jesus, der sagt: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Wir freuen uns auf neue Erfahrungen auf dem Weg gemeinsamen mit allen, die uns weiterhin dabei unterstützen.


Veröffentlicht am 26.12.2019 von Gabriele & Jörg Sorge